Nach Abschluss meines Studiums muss ich mich nun gesetzlich versichern, nachdem ich mein Leben lang privat untergebracht war. Dieser Schritt ist keinesfalls Schmerzhaft für mich, denn für den allgemeinen Alltagsgebrauch kann eine Privatversicherung ziemlich ungünstig sein. Ich habe niemals auch nur einen Cent für irgendeinen Behandlung zurückerstattet bekommen, da ich laut meinem Vertrag 400 Euro Selbstbeteiligung pro Jahr hatte. Nun, normalerweise zahlte die Debeka eine Beitragsrückerstattung, sofern man keine Leistung in Anspruch nahm, aber vor ein paar Jahren wurde das einfach so, mir nichts, dir nichts gestrichen. Darum sieht mich dieser Verein auch nicht wieder.
Nun, ich habe mir jetzt jedenfalls einmal ein paar gesetzliche Kassen angesehen und war ziemlich erstaunt: Zwar sind die Kosten nicht sehr unterschiedlich und die Leistungen zu 80% gleich, finden sich doch fast überall Leistungen, die mir die Zornesröte ins Gesicht treiben.
Vorausgestellt: Beschweren sich die Kassen nicht alle, dass sie nicht mehr kostendeckend Arbeiten können? Wird die medizinische Versorgung nicht immer teurer? Werden nicht Zusatzbeiträge erhoben? Sind nicht schon lange viele medizinisch wichtige Leistungen aus dem Katalog gefallen?
Wie kann es dann also sein, dass trotzdem Zauberei, Sportkurse und Lifestyle-Produkte finanziert werden? Ja, so ziemlich jede Kasse blecht für überteuerte Zuckerkügelchen, manchmal sogar wenn diese vom Heilpraktiker verschrieben werden. Manche, die Barmer zum Beispiel, lassen sogar für anthroposophische Medizin etwas springen. Man kann ja über die Homöpathie sagen was man will, aber zumindest wurde sie von einem Arzt mit medizinischem Grundgedanken entwickelt, auch wenn er falsch lag. Die Anthroposophie dagegen… Tja, sie ist die Idee eines rassisitschen Hellsehers, der sich nicht einmal genau sicher war, was eine Drüse ist.
Die AOK zahlt für Chiropraktik, obwohl mittlerweile gut belegt ist, das viele Methoden aus deren Spektrum höchst ungesund und unter Umständen lebensgefährlich sind. Die meisten Leute wissen dabei nicht einmal, das auch diese Pseudomedizin auf magischen Energievorstellungen beruht.
Unter anderem bei der TKK finden sich Bachblüten, eine Richtung, die sogar häufig von ernsthaften Homöopathen für albern gehalten wird.
Kurz: Die Kassen zahlen häufig für unnütze, teilweise sogar gefährliche pseudomedizinische Behandlungen und heben sie somit in den Stand ernsthafter Behandlungen empor. Die Kosten trägt die Allgemeinheit und der Einzelne, der solchen Mist anstelle einer sinnvollen Behandlung in Anspruch nimmt – und die Folgekosten daraus wieder die Allgemeinheit. Ein Teufelskreis
Daneben findet sich ein unüberschaubarer Wust aus Gratiskursen angefangen vom Babyschwimmen und Orientierungskursen für Väter, Sach- und Geldprämien oder Gesundheitskursen eigener Wahl. Den Vogel schießt meiner Ansicht nach die TKK ab, die einen Zuschuss zur Apple-Watch anbietet, da man diese ja als Fitness-Tracker verwenden könnte.
Wie kann ein geistig gesunder Mensch solche Dinge lesen und dabei keine Kopfschmerzen bekommen? Die Kassen klagen über steigende Kosten, werfen aber gleichzeitig Millionen für zweifelhafte Programme hinaus, nur um schöne Werbeversprechen machen zu können.
Ja, ich höre schon die Leser, die sagen, dass es doch nicht schlecht sei so etwas zu bekommen, es sei doch ein Mehrwert. Aber nein! Das Geld für diese Programme wird andernorts eingespart. Oft an wichtigeren Stellen. Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen. So kann man bei der Barmer Punkte sammeln, wenn man gesund lebt. Oh, nein falsch. Wenn man Diätkurse macht und eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio nachweisen kann. Auf eigene Faust Sport machen und gesund leben gilt nicht. Wie auch immer, die daraus gewonnen Punkte lassen sich dann einsetzen um vergünstigt Ostheopathie, Akupunktur oder eine Sehhilfe zu bekommen.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Eine Sehhilfe ist auf dem gleichen Prämien-Niveau wie sich die Meridiane pieken oder die Knochenenrgieflüsse kämmen lassen. Ganz ähnliches gilt im Bereich der Zahnbehandlung. Das Bonusheft für den Zahnersatz ist ja mittlerweile etabliert, aber wie sieht es denn bei konservierenden Leistungen aus? Wäre es nicht einmal nett, statt teuren Zauberzucker zu subventionieren Kunststofffüllungen zuzahlungsfrei zu stellen?
Ich finde, so lange die Kassen nach dem Prinzip Werbung über Wirkung handeln, ist kein Zusatzbeitrag gerechtfertigt. Und ich weiß immernoch nicht welche Kasse ich wählen soll